austropack Ausgabe 01 | 2021

34 1|2021 Gesundheitsrisiko für Verbraucher wird damit ausgeschlossen. Kunststoffe, die als biologisch abbaubar beziehungsweise kom- postierbar zertifiziert werden sollen, müssen sich zusätzlichen Tests unterziehen. „Produkte aus Biokunststoff absolvieren da- mit sogar mehr Testverfahren als herkömmliche Kunststoffpro- dukte”, erklärt Hasso von Pogrell. Für Kunststoffprodukte, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, gelten in der EU strenge Vorgaben, welche von biobasierten und herkömmlichen Kunst- stoffen gleichermaßen einzuhalten sind. Die maßgebliche Ver- ordnung, VO (EU) Nr. 10/2011, enthält insbesondere Vorgaben für Migrationsprüfungen. Der sogenannte Migrationsgrenzwert gibt die zulässigeHöchstmengeeines Inhaltsstoffes für denÜber- gang auf Lebensmittel an. Mit Hilfe des Grenzwertes wird sicher- gestellt, dass Lebensmittelkontaktmaterial kein Gesundheitsri- siko für den Verbraucher darstellt. Neben dem Migrationstest wird bei Materialien, die aus mehreren Komponenten bestehen, die Zusammensetzung überprüft. Bei deren Herstellung dürfen nur solche Stoffe undMaterialien verwendet werden, die von der EU in einer Unionsliste als ungefährlich bewertet sind. Bei bio- abbaubaren Kunststoffen, die gemäß EU-Standard EN 13432 für die industrielle Kompostierung zertifiziert sind, wird unter an- derem ein festgelegter Grenzwert für Schwermetalle und ande- re toxische und gefährliche Stoffe vorgegeben. Darüber hinaus wird nach Maßgabe der Organisation for Economic Cooperation and Development ( OECD) ein Ökotoxizitätstest durchgeführt. ( Es handelt sich um das Testverfahren OECD 208.) Dieser Text überprüft mög- liche Auswirkungen des industriellen Komposts auf das Pflan- zenwachstum sowie dessen toxikologische Unbedenklichkeit gegenüber Mikroorganismen. Kritik am Testverfahren Die Methodik der Studie, in der Biokunststoffprodukte einem Migrationstest unterzogen wurden, sei äußerst fraglich und weiche wesentlich von der Methodik der EU-Testverfahren ab. „Das resultierende Testergebnis der Frankfurter Studie stellt auch keine spezifische Besonderheit für Biokunststoffe dar. Vielmehr führt die abweichende Methodik auch bei der Unter- suchung von herkömmlichen Kunststoffprodukten zum gleichen Ergebnis”, erklärt von Pogrell. Eine sehr kontroverse Thematik, zu der es weiterer Fachmei- nungen bedarf. austropack fragte deshalb auch bei heimi- schen Forschern und Herstellern nach: Das anfängliche Er- staunen über die Aussagen der Studien wich nach näherer Beschäftigung mit der Herangehensweise rasch herber Kritik: Das Papier enthalte einige methodische Fehler und sei vom wissenschaftlichen nicht sehr fundiert. Heimische Experten sehen keine Gefahr in der Verwendung von Biomaterialien (etwa als Lebensmittelverpackung), ganz im Gegenteil. „Biokunststoffe von renommierten Herstellern können ein großer Schritt in Richtung Gesundheit sein, sie sind unbedenklich“, so Johann Zimmermann, Geschäftsführer von NaKu. Er führt weiter aus: „Strenger als die Lebensmittel- prüfung ist die Prüfung der Abbaubarkeit. Bei der Lebensmit- telprüfung darf ich toxische Substanzen für die Herstellung der Verpackung verwenden, sie dürfen aber nur bis zu einem bestimmten Grenzwert – bei normalem Gebrauch – auch nicht wieder herauskommen. Bei der Abbaubarkeit dürfen die Zusammensetzung sowie die Abbauprodukte keine toxische Wirkung aufweisen. Vereinfacht gesagt: Was durch Bakterien in der Natur abbaubar ist, damit tut sich auch der mensch- liche Körper einfach. Und umgekehrt: Bakterien mögen keine toxischen Substanzen. Diese würden vielleicht noch zerfallen, werden aber nicht biologisch abgebaut. Man sieht: Gesundheit und Umwelt gehören zusammen.“ Lesen Sie in der kommenden Ausgabe Was sagen heimische Experten aus Forschung und Entwicklung zu dieser Diskussion? Was berichten Anwender und Lieferan- ten? Wo kommen Biokunststoffe zum Einsatz und wie haben sie sich bewährt? Was sagen Experten zur Kennzeichnungsthema- tik? Wir haben die Studie der Goethe-Universität und die Gegen- darstellung von European Bioplastics zum Anlass genommen, um bei heimischen Experten nachzufragen, was sie zu diesen Ergebnissen sagen und wie die aktuelle Lage in Österreich aus- sieht. Seien Sie gespannt auf die Antworten in der nächsten Ausgabe der austropack . Nutzen Sie Biokunststoffe für Ihre Produkte und Verpackungen? Planen Sie den Umstieg auf Biomaterialien? Sind Sie Hersteller oder Zulieferer? Wie sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie mir an: ulrike.grassl@ggmedien.at oder rufen Sie mich an: +43 (0) 676 572 59 39  Recycl ing|Qual i tät Hasso von Pogrell, Geschäftsführer von European Bioplastics (EUBP) © European Bioplastics

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