Den Keimen an den Kragen

Den Keimen an den Kragen

In dem Forschungsprojekt „InCanPres“ wird an neuen Lösungen für die Konservierung von Farben und Lacken geforscht. (Fotoc: unsplash/hemerson coelho)
In dem Forschungsprojekt „InCanPres“ wird an neuen Lösungen für die Konservierung von Farben und Lacken geforscht. (Fotoc: unsplash/hemerson coelho)

Forschungsprojekt InCanPres treibt Innovationen in der Topfkonservierung voran

Mit einem umfangreichen Sortiment an wasserbasierten Farben und Lacken erfüllt die Lackbranche die Bedürfnisse bezüglich der aktuellen Nachhaltigkeitsbestrebungen und des Umweltschutzes sowie der Kund*innen. Herausfordernd sind aber die zunehmenden Einschränkungen und Verbote von bei Wasser unentbehrlichen Konservierungsmitteln. Koordiniert vom Kunststoffcluster Niederösterreich der ecoplus forschen das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) und das MCI in direkter Zusammenarbeit mit der Industrie an alternativen Lösungen.

Seit dem Verzicht auf Lösungsmittel und dem Umstieg auf wasserbasierte Produkte, sind die Hersteller von Farben und Lacken mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Zur Verbesserung von Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutz ist eine Konservierung zwingend erforderlich. Die eingesetzten Konservierungsstoffe unterliegen der Biozidprodukte-Verordnung (BPR), wobei sich abzeichnet, dass diese Wirkstoffe zukünftig vom Gesetzgeber noch stärker eingeschränkt werden und deren Anzahl weiter sinken wird. Zusätzlich verhindern regulatorische Zulassungshürden die Entwicklung neuer Wirkstoffe. Um hier Lösungen für die Branche zu erarbeiten wurde das vom FFG geförderte CollectiveResearch Forschungsprojekt „InCanPres" ins Leben gerufen.

Eine Lösung für die Branche

In Kooperation mit der Verpackungs- und Lackindustrie wird in dem von der FFG geförderten Branchenprojekt „InCanPres“ aktuell proaktiv an Lösungsmöglichkeiten geforscht, um die Produktstabilität wasserbasierter Farben und Lacke mit reduziertem Anteil von Konservierungsmittel oder sogar durch dessen Verzicht zu verbessern. Die grundsätzlich positiv zu sehende Eliminierung von Lösungsmittel, die zu Verbesserungen im Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutz geführt hat, stellt die Industrie jetzt vor weitere Herausforderungen. „Die Vermeidung von Lösungsmitteln und die Reduktion von Konservierungsstoffen wirkt sich auf die Produktstabilität und Lagerfähigkeit der Produkte aus und führt des Öfteren zu mikrobiellen Kontaminationen, welche beim Endverbraucher natürlich unerwünscht, sogar gesundheitsgefährlich sind“, erklärt Ing. Michael Krainz, der Projektleiter am OFI. „Deswegen wollen wir uns in dem FFG-Branchenprojekt InCanPres den Einfluss der unterschiedlichen Komponenten sowie die Wechselwirkungen zwischen Prozessen, der Verpackung und dem Füllgut genau anschauen. Erst wenn wir dazu mehr wissen, können spezifische Verpackungsoptimierungen stattfinden und/oder neuartige Verpackungen entstehen.“

Die Erkenntnisse sollen einen Technologietransfer ermöglichen, damit der nachhaltige Trend hin zu wasserbasierten Farben und Lacken auch weiterhin sichergestellt beziehungsweise aktiv gefördert wird.

Wechselwirkungen im Fokus

Gestartet im Jahr 2021, hat sich das Projektkonsortium bisher auf die Erhebung der Eintragungsquellen, welche zu mikrobiellen Kontaminationen führen, sowie die Etablierung von geeigneten Analysemethoden und Bedingungen, um die mikrobiellen Kontaminationen quantifizieren zu können, konzentriert. „Es ist uns gelungen bestehende mikrobiologische Analysemethoden weiterzuentwickeln und für die Untersuchung schwieriger Matrizen, wie Farben und Lacke, zu adaptieren“, sagt Krainz. „Mithilfe dieser Analysemethoden konnten wir die Ursachen für die Verkeimung untersuchter Lackproben erkennen. Ein erster Erfolg.“

Meist beschränken sich die für das Projekt relevanten Lackverunreinigungen auf bakterielle Kontaminationen. Laut ersten Erkenntnissen können vor allem das eingesetzte Wasser sowie der Herstell- und Abfüllprozess für eine erhöhte bakterielle Keimzahlbelastung sorgen. Rohstoff- und Füllstoffverkeimungen konnten im Rahmen des mikrobiologischen Monitorings hingegen kaum nachgewiesen werden. Bei Verpackungen wurden zwar teilweise Schimmelsporen entdeckt, jedoch keine für die Produktqualität kritischen Bakterien. Dementsprechend sollte der Betriebshygiene in Zukunft große Aufmerksamkeit gewidmet werden. Denn Grundverkeimungen von Farben und Lacken auf Wasserbasis spielen für den Produktverderb eine kritische Rolle.

Es ist davon auszugehen, dass Mehrfachentnahmen durch Endverbraucher*innen, welche unter nicht sterilen Bedingungen stattfinden, ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf die Verkeimung der Produkte in der Anwendung haben. Allerdings wird dieser Aspekt im Projekt „InCanPres“ nur sekundär behandelt, der Fokus liegt darauf Produktion, Prozesse, Rezeptur und Verpackung zu beleuchten. Also jene Faktoren, auf die die Industrie primär Einfluss nehmen kann, um ein möglichst keimarmes Produkt sicherzustellen.

Rezeptur, Schutzgas, Sauerstoffabsorber

In ersten Untersuchungen konnte aufgezeigt werden, dass eine gezielte Abänderung der Rezeptur, auch bei starker Reduktion der Einsatzmenge oder sogar dem Verzicht eines Biozids, einen sehr positiven Einfluss auf die Reduktion des Keimwachstums haben kann. Im Projektverlauf sollen weitere Rezepturentwicklungen und der mögliche Einfluss auf die Verpackung, die Anwendung oder die Produktqualität näher untersucht werden.

Ein anderer Faktor, der bereits untersucht wurde, ist der Einsatz von Schutzgasen und Sauerstoffabsorbern. Diese kommen häufig bei Lebensmittelverpackungen von bspw. Fleisch- oder Wurstprodukten zum Einsatz, um die Keimzahlbelastung der abgefüllten Produkte zu reduzieren, wobei Sauerstoffabsorber hauptsächlich in den USA, Japan und Australien verbreitet sind. „Die Versuche im Rahmen von InCanPres haben gezeigt, dass mithilfe dieser Methoden keine effektive oder wirtschaftliche Keimreduktion für Farben und Lacke erzielt werden kann. Für weiterführende Entwicklungen im Konservierungsbereich ist dieser Ansatz dementsprechend ungeeignet“, so Krainz. Nichtsdestotrotz konnte mit der Applikation von Schutzbegasungen eine Beschleunigungsmethode gefunden werden, welche in Zukunft angewandt werden kann, um bei Lagerversuchen das mikrobielle Wachstum deutlich zu erhöhen und die Lagerzeiten stark zu verringern.

Weiterer Forschungsbedarf gegeben

„Zusammenfassend konnte durch die bisher im Rahmen von InCanPres durchgeführten Untersuchungen die Erkenntnis gewonnen werden, dass die Ursachen mikrobieller Belastungen abgefüllter Farb- und Lackprodukte sehr komplex sind“, resümiert Krainz. Es gibt also dringenden, weiteren Forschungsbedarf. Als Mitglied des Forschungsnetzwerks ACR (Austrian Cooperative Research) konzentriert sich das OFI auf angewandte Forschung, von der Unternehmen, besonders KMU, direkt profitieren sollen. Das im Rahmen des Projektes „InCanPres“ entstehende Know-how soll schließlich der gesamten Branche zugutekommen. Die bereits erzielten Erkenntnisse bilden die Basis für weitere Entwicklungen. Das Forschungsprojekt „InCanPres“ läuft bis 2024 – und bis dahin gibt es noch einige Aspekte, die das Projektkonsortium genauer beleuchten will.

 

Zu den Autor*innen:

Angelika Wlodarczyk, MSc ist am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) im Bereich Verpackung, Recycling & Gefahrgut beschäftigt. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Prüfung von Verpackungen und der Bewertung ihrer Recyclingfähigkeit. Das Know-how der Biotechnologin und Ökotoxikologin ist aber auch in Forschungsprojekten gefragt, wie aktuell im Projekt InCanPres.

Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Ing. Michael Krainz mit der Entwicklung, Konstruktion und Optimierung von Verpackungen. Seine Expertise zeichnet sich durch sein praktisches, transdisziplinäres Wissen an der Schnittstelle zwischen Füllgut und Verpackung aus, daher ist sie v.a. in angewandten Forschungsprojekten gefragt. Wie im Projekt InCanPres, für dessen Leitung er am OFI verantwortlich ist.

 

Kontakt:

Angelika Wlodarczyk, MSc

OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik

1030 Wien, Franz-Grill-Str. 5, Objekt 213

+43 1 798 16 01 - 219

angelika.wlodarczyk@ofi.at 
www.ofi.at

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